Muli, Maultier und Maulesel
„Das Maultier scheint mir ein sehr erstaunliches Tier zu sein. Es macht den Anschein, dass die Kunst die Natur übertroffen hat“ (Charles Darwin, 1835).
Mit dieser Aussage fasste Charles Darwin die Besonderheit der Maultiere prägnant zusammen. Aber ganz so einfach ist es nicht.

Otmar Hoefer auf dem Kaltblut-Muli Pablo aus der Zucht der Familie Rensch
Maultier, Maulesel, Muli – Was ist was?
Maultier und Maulesel kommen Deutschland nicht so oft vor, einige sind Importtiere oder Zufallsprodukte. Allerdings gibt es mittlerweile auch geregelte Zuchten von Tieren mit guter Qualität.
Umgangssprachlich sprechen wir in Deutschland von Mulis. Der Begriff unterscheidet nicht zwischen Maultier und Maulesel. Muli leitet sich von dem lateinischen Begriff Mulus für Mischtier/Mischung ab. Maultiere und Maulesel sind Hybriden, eine Mischung aus Pferd und Esel.
- Mutter ein Pferd und Vater ein Esel = MAULTIER
- Mutter ein Esel und Vater ein Pferd = MAULESEL
Wie Maultier und Maulesen unterscheiden?
Maultier und Maulesel unterscheiden sich äußerlich nicht. Maulesel sind jedoch weitaus seltener als Maultiere. Sie unterscheiden sich wesentlichen durch ihr Verhalten.
Maultiere, aus der Pferdestute, werden in der Regel in einer Pferdegemeinschaft groß, und sind durch Pferde sozialisiert. Deshalb sollte ein Maultier mit Pferden gehalten werden.
Maulesel, aus der Eselstute, werden mit Eseln groß. So sind sie durch Esel sozialisiert. Ein Maulesel gehört in die Gesellschaft von Eseln.
Wenn man dies beachtet hat man eine erste Grundlage für einen harmonischen Umgang gelegt.
„Maultiere sind wie Pferde, nur ein bisschen mehr!“
Die meisten Mulibesitzer sind sehr an einem Erfahrungsaustausch interessiert. Denn in Deutschland gibt es nur wenige Menschen, die fundiertes Wissen über die Ausbildung eines Mulis haben. Fundiertes Wissen über Pferde hilft beim nötigen Einfühlungsvermögen in die verschieden Charaktere der Tiere. Wer sich die vielen verschiedenen Pferderassen vor Augen hält, dem wird klar, dass es das eine Maultier nicht gibt. Vom sanften, dem Menschen zugewandten Typ, bis zum frechen oder scheuen Wesen gibt es die volle Bandbreite.

Holger Suel auf Rafaela
„Man muss ein Maultier behandeln, wie man ein Pferd behandeln sollte!“
Maultierliteratur
Aktuelle Literatur über Maultiere ist in Deutschland rar. Wissenschaftliche Arbeiten über die Maultierzucht in Bezug auf die Auswahl geeigneter Elterntiere sind nach unserer Kenntnis nach dem II. Weltkrieg nicht mehr veröffentlicht worden. Doch das war nicht immer so.
Historie
Noch im Mittelalter waren Maultiere bei adligen Damen und Kirchenmännern als Reittiere sehr begehrt. Durch ihre Zuverlässigkeit, ihr flottes Tempo, ihre Trittsicherheit und ihre bequemen Gänge übertrafen sie Esel und Pferd. Die Möglichkeit, mit Kutschen zu reisen, verdrängte in Deutschland das Reitmaultier.
Als Trag- und Zugtier wurden Maultiere weiterhin eingesetzt. Über den Maultiereinsatz beim Militär gibt es viele Belege. Auch bei der Feld-, Wald- und Weinbergarbeit waren Maultiere im Einsatz. Leider haben wir dazu bisher nur wenige Fotos oder Literatur gefunden. Es gibt Belege, dass Maultiere in den Kohlebergwerken im Ruhrgebiet eingesetzt wurden. Und in den beiden Weltkriegen mussten Mulis auch in Deutschland ihr Bestes geben.
Mischlinge sind vital und leistungsfähig
Schon früh erkannten die Menschen, dass Maultiere leistungsfähig und robust sind. In historischen Darstellungen sind Maultiere als Tragtiere abgebildet – wie auf der Trajansäule in Rom. Sie waren ein wesentliches Element, um römische Legionen beweglich zu machen. Bei der Eroberung von Nordamerikas spielten Maultiere als Reit-, Last- und Zugtiere eine wesentliche Rolle.
Monika Bellemann auf Primus
Fortpflanzung von Maultieren und Mauleseln
Esel haben 62, Pferde 64, Maultiere und Maulesel 63 Chromosomen. Maultiere, und Maulesel können keine entwicklungsfähigen Samen- und Eizellen bilden.
Bei weiblichen Maultieren mit einem Esel als Vater gab es allerdings wohl schon Nachkommen. Verantwortlich ist hier der sogenannte Heterosis-Effekt. In der Genetik, Pflanzen- und Tierzucht beschreibt er die besonders ausgeprägte Leistungsfähigkeit von Hybriden (Mischlingen). Wenn die beobachtete Leistung der ersten Generation (F1) höher ist als die durchschnittliche Leistung dieser Eigenschaft bei den Eltern, spricht man vom Heterosis-Effekt.
Mischlinge sind besonders vital und leistungsfähig. So haben Mulis bestenfalls nur die positiven Eigenschaften ihrer Eltern.
Erfahrungsaustausch über Mulis
Auf jedem unserer großen jährlichen Eseltreffen mit über hundert Eseln war mindestens ein Maultier dabei.

Achim Rensch 2007 in Paaren mit vier seiner Mulis
Einige unserer Mitglieder halten (auch) Maultiere oder Maulesel. Manche Mulibesitzer haben sich unserem Verein angeschlossen. Denn es gibt sonst kaum Ansprechpartner für Mulifreunde in Deutschland. Bei den jährlichen Eseltreffen können Mulibesitzer ihre Tiere bewerten zu lassen. Unsere Esel- und Mulitreffen sind immer wieder ein hervorragendes Forum für den Erfahrungsaustausch. Und die Mulis haben Gelegenheit zu zeigen, wie sie wirklich sind.
Zum Erfahrungsaustausch und zur Wissensvermittlung trägt auch unsere Vereinszeitschrift „Esel-Post“ bei. Hier veröffentlichen wir regelmäßig Artikel über Mulis.